„Heribert war einer der herausragenden Erzbischöfe in der Geschichte des Erzbistums Köln“, sagt Stadtdechant Msgr. Robert Kleine. „Er hat nicht nur für die Entwicklung der rechten Rheinseite Entscheidendes geleistet, sondern auch Maßstäbe in der sozial-karitativen Arbeit gesetzt.“ Durch die Ansiedlung von Benediktinern und die Gründung der Abtei Deutz im Jahre 1002 wurde der Grundstein gelegt für die Ausdehnung und Blüte des Rechtsrheinischen. In der Zeit der großen Hungersnöte um 1005/1006 sorgte Heribert zudem systematisch dafür, dass den Armen geholfen wurde. „Heribert war ein echter kölscher Pontifex, ein Brückenbauer im wahrsten Sinne des Wortes“, so der Kölner Stadtdechant über den Freund und ehemaligen Reichskanzler Kaiser Ottos III. „Seine Großherzigkeit, aber auch seine visionäre Kraft, die weit über Köln und die Kirche hinausreichte, machen den heiligen Heribert zu einem Vorbild bis heute – als Mensch, als Politiker, aber besonders auch als Priester und Bischof. Ich freue mich daher ganz besonders, dass es uns gelungen ist, so eine hochkarätige Ausstellung an zwei Orten zu präsentieren und die Leihgeber dafür zu gewinnen, dieses Anliegen mit ihren außergewöhnlichen Exponaten zu unterstützen. Ihnen gilt unser besonderer Dank“, so Msgr. Robert Kleine.
Schrein und Schatz in St. Heribert
Der Heribertschrein ist das Herzstück des Deutzer Kirchenschatzes. Er ist einer der ältesten im Rheinland erhaltenen Großschreine und insbesondere aufgrund der noch erhaltenen getriebenen Figuren ein herausragendes Zeugnis der rheinischen Goldschmiedekunst des 12. Jahrhunderts. Besonders eindrucksvoll sind die zwölf großen, vielfarbigen Rund-Emails auf den Dachflächen. Sie erzählen Heriberts Leben und Wirken, darunter einige Wunder, die der Heilige gewirkt haben soll. Aus Anlass des Jubiläumsjahres kann der Schrein in St. Heribert bis zum Jahresende nun aus der Nähe betrachtet werden. Ein begehbares Gerüst erlaubt den Blick auf die Details, die den Kirchenbesucherinnen und -besuchern sonst verborgen bleiben.
Nur selten zugänglich ist der Schatz des heiligen Heribert im sogenannten Sacrarium, der Schatzkammer in der Deutzer Pfarrkirche. Sie vereinigt die bedeutenden Objekte, die mit Heribert in Verbindung gebracht werden: seine Trinkschale, seinen Stab aus Wallrosszahn und seine leuchtend gelbe Kasel aus der Zeit um 1000. Die byzantinische Löwenseide (um 980-1025) und eine Vogelseide aus Spanien (1. Hälfte des 12. Jahrhunderts) sind herausragende Zeugnisse mittelalterlicher Textilkunst. Sie dienten einst als Hülle für die Gebeine Heriberts.
Seine Trinkschale ist dagegen nur bruchstückhaft erhalten: Diese unscheinbaren Fragmente von Kokosnuss sind das älteste erhaltene Zeugnis dieser Gefäße, die seit dem 11. Jahrhundert als Kostbarkeit in westlichen Schatzkammern verbreitet waren. Einst war die Schale vielleicht das Trinkgefäß von Bischof Heribert; seit Mitte des 19. Jahrhunderts galt sie als eine der kostbarsten Reliquien der ehemaligen Benediktinerabtei Deutz, die Heribert im Jahr 1002 dort gegründet hatte, wo heute die Kirche Alt-St. Heribert direkt am Deutzer Rheinufer steht.
„Der Schatz in Deutz vereint einige der wunderbarsten Objekte des frühen Mittelalters, die sich überhaupt erhalten haben. Sie sind – nicht nur in Köln – etwas sehr Besonderes und zeugen von den außerordentlichen Beziehungen, die Heribert und die Abtei Deutz im mittelalterlichen Reich hatten“, so die Erzdiözesankonservatorin Dr. Anna Pawlik.
Ausstellung in der Kölner Domschatzkammer
Die Ausstellung in der Kölner Domschatzkammer ergänzt die Ausstellung in Deutz um einige ausgewählte Pretiosen, Handschriften und Urkunden, die in besonderem Bezug zum heiligen Heribert stehen.
Mit dem sogenannten Kamm des heiligen Heribert, einer Leihgabe des Museums Schnütgen, ist hier ein bedeutendes Hauptwerk spätkarolingischer Elfenbeinkunst zu sehen. Der Kamm entstand bereits um 870 in Metz, eventuell anlässlich der Krönung Karls des Kahlen nach seiner Aneignung Lotharingiens 869. Es handelt sich um einen liturgischen Kamm, der zum Gottesdienst Verwendung fand. Auf einer Seite zeigt er die Kreuzigung Christi. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert wurde der Kamm mit dem heiligen Heribert in Verbindung gebracht und fand Verehrung als Berührungsreliquie.
Auch der ausgestellte Kelch mit Patene aus dem Besitz der Kölner Pfarrei St. Aposteln, die in diesem Jahr ihr 1000-jähriges Jubiläum feiert, wurde spätestens im 17. Jahrhundert als Berührungsreliquie des heiligen Heribert verehrt. Allerdings handelt es sich bei ihnen um kostbare Goldschmiedearbeiten, die erst um 1230 und damit lange nach dem Tod des Erzbischofs entstanden.
Andere Objekte, wie etwa das Pallium des Heiligen aus Siegburg, die 1014 ausgestellte und mit dem Siegel des Erzbischofs versehene Urkunde für das Kloster Geseke aus dem Landesarchiv NRW in Münster oder die zugunsten der Abtei in Deutz ausgestellte Urkunde von 1003 aus dem Bistumsarchiv in Trier stehen hingegen in engem historischem Zusammenhang mit dem Erzbischof. Sicher aus seinem Besitz stammt der vielleicht auch in seinem Auftrag angefertigte Codex 113 der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek Köln mit den Pseudoisidorischen Dekretalen. Der Band enthält einen Besitzvermerk Heriberts: Lib[er] Heriberti archiep[piscop]i.
Vordenker und Visionär
„Der heilige Heribert ist auch über die Distanz von tausend Jahren hinweg eine interessante historische Persönlichkeit“, sagt Dr. Joachim Oepen, stellvertretender Leiter des Historischen Archivs des Erzbistums Köln. Das hänge damit zusammen, dass Heribert als Kanzler, Berater und Freund von Kaiser Otto III. einer der führenden Köpfe an der Spitze des Reiches war. „Otto hatte die Idee einer politischen Ordnungsvorstellung, die schon die Menschen seiner Zeit faszinierte. Er wollte das gesamte römische Reich unter christlichen Vorzeichen erneuern“, erläutert Oepen. „Man kann das als weltfremde oder hochfliegende Phantastereien abtun, aber darin auch Verbindungen zu heutigen Vorstellungen herleiten, wenn etwa Otto III. auch daran dachte, die noch sehr jungen christlichen Reiche der Polen und Ungarn mit einzubeziehen. Da scheint auch ein europäischer Gedanke durch.“
Entscheidend sei bei dieser Ausstellung weniger die große Anzahl der Objekte, so Oepen, der neben Dr. Leonie Becks, Direktorin der Domschatzkammer, und Dr. Anna Pawlik die Ausstellung kuratiert hat. „Es sind vielmehr die zum Teil spektakulären Einzelobjekte, die den Reiz der Ausstellung ausmachen und die sonst nicht oder zumindest nicht aus einer solchen Nähe zu sehen sind. Viele dieser Objekte sind Leihgaben von unterschiedlichen Leihgebern, die speziell zu diesem Anlass nach Köln kommen und die in dieser Konstellation, noch dazu unmittelbar am Wirkungsort des Heiligen Heribert, sicherlich sobald nicht wieder zu sehen sein werden.“
Die Ausstellung „Gerechtigkeit. Macht. Frieden. 1000 Jahre Heribert von Köln“ ist vom 26. August bis 14. November 2021 in der Kölner Domschatzkammer, Domkloster 4, und in St. Heribert, Deutzer Freiheit 64, zu sehen.
Kölner Domschatzkammer
Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18Uhr
St. Heribert
Öffnungszeiten: So, 11-13; Mo, Mi, Fr, 16-18 Uhr; www.pfarrgemeinde-deutz.de